Ein sozialpsychologisches Experiment zum eigenen Verhalten in unterschiedlichen Situationen

Finden Sie, dass Sie sich in jeder Situationen gleich verhalten? Oder variiert Ihr Verhalten in Abhängigkeit der Situation, den Menschen, den Umständen, die Sie umgeben? In einem von mir ausgeschriebenen Projekt sind dieser spannenden Thematik drei berufsbegleitende Studierenden ein Semester lang nachgegangen. Omran Mohseni, Migle Speckauskaite, Parastu Tehranipour haben sich entschieden, diese „freche“ Forschungsfrage mit einem live Experiment zu untersuchen. Dazu wurden 30 Personen in drei unterschiedlichen Lebenssituationen – im Job, in Umgebung der Familie und beim Feiern  – gebeten einen Fragebogen auszufüllen. Gemessen wurde die eigene Selbstwahrnehmung in der Kategorien Geselligkeit, Emotionalität, Konformität und Aussehen.

Wie unterschiedlich oder auch gleich unsere Wahrnehmung von uns selbst in Abhängigkeit der jeweiligen Situation ist, möchten wir Ihnen in der Zusammenfassung zeigen. Viel Freude beim Lesen!
Und vielleicht inspiriert Sie der Text, in den folgenden vorweihnachtlichen Tagen einmal selbst zu beobachten, wie sich Ihr eigenes Verhalten in Abhängigkeit der Situation – beispielsweise beim Weihnachtsmarkt mit Kollegen oder Freunden, im Büro, mit Kunden oder auch im Privatleben – verändert oder auch gleich bleibt. Wir wünschen Ihnen eine schöne Vorweihnachtszeit!

Basis: Das Ziel dieser Arbeit war es, mit Hilfe von sozialpsychologischen Untersuchungen festzustellen, inwieweit das menschliche Verhalten in sozialen Kontexten variieren kann. Die Grundlage dieser Studie ist die Erkenntnis, dass das Verhalten eines Individuums ein dynamischer Prozess zwischen der Person und seiner subjektiven Umwelt ist. Von zentraler Bedeutung sind soziale Kontexte sowie gruppendynamische Prozesse, denn durch sie kann ein Individuum das Gefühl von Zugehörigkeit und Akzeptanz erleben. Gleichzeitig kann dieser Wunsch dazu führen, dass es zu Verhaltensanpassungen kommt.
Die Orientierung an eine Gruppe erlaubt einer Person damit valide Rückschlüsse über die eigene Position und kann somit die eigene Verhaltensausrichtung erklären.

Konkret: Die befragten Personen haben den Fragebogen zur Selbsteinschätzung in der jeweiligen Situation bei der Arbeit, in Anwesenheit der Familie und beim Feiern mit Freunden ausgefüllt. Dabei wurden die vier Kategorien Geselligkeit, Emotionalität, Konformität und Erscheinungsbild/Aussehen erfasst.
Bei der Erhebung kam es zu amüsanten Momenten, beispielsweise als die Fragebögen in einer Diskothek aus einer Tasche gezogen und dort beantwortet wurden. Dies zeigt, dass Experimente auch humorvolle Momente beinhalten können.

Die Ergebnisse: Mit Hilfe geeigneter statistischer Auswertungsverfahren zeigten sich die folgend dargestellten Ergebnisse. Diese sind zwar, insbesondere aufgrund der kleinen Stichprobe nicht repräsentativ, geben aber erste Aufschlüsse darüber, dass sich Individuen eben nicht immer gleich verhalten, sondern ihr Verhalten doch häufig von der Situation abhängt, in der sie sich gerade befinden.

Der Aspekt Geselligkeit wurde mit 12 Items erfasst. Es zeigt, dass Menschen bei der Arbeit am wenigsten gesellig sind im Vergleich zu den familiären Situationen und den feierlichen Umgebungen. Es besteht ein signifikanter Unterschied in der Ausprägung der Geselligkeit der Personen in den drei Situationen (F(2,86) = 21,305, p < .005). Die Hypothese „Individuen sind bei der Arbeit weniger gesellig als mit der Familie oder beim Feiern mit Freunden“ darf dementsprechend vorübergehend angenommen werden.

Das Konstrukt Emotionalität besteht aus sechs Items. Die statistische Auswertung der einfaktoriellen ANOVA zeigt, dass die Intergruppenunterschiede signifikant sind (F(2,86) = 16,945, p < .001). Bei der Arbeit ist die Emotionalität der Personen am wenigsten erkennbar. Im Vergleich dazu, sind die Werte in der familiären Umgebung und beim Feiern mit Freunden signifikant höher ausgeprägt. Folglich darf die Hypothese „Individuen zeigen am Arbeitsplatz weniger Emotionalität als beim Feiern mit Freunden und bei der Familie“, vorübergehend angenommen werden.

Das Konstrukt Konformität besteht ebenfalls aus sechs Items. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anpassung an andere Personen nicht in einer Situation signifikant stärker ausfällt als in einer anderen Situation. Am Arbeitsplatz sind Individuen folglich nicht konformer als in der Familie ider bei Feiern mit Freunden.

Das Konstrukt Aussehen wurde mit acht Items erfasst. Die statistische Auswertung zeigt, dass auf das eigene Aussehen in der Situation „mit der Familie“ am wenigsten geachtet wird – im Vergleich zum Arbeitskontext. Gleichzeitig ist auffällig, dass das Aussehen beim Feiern mit Freunden bedeutsam scheint und dies signifikant. Die Hypothese „Individuen achten nicht weniger auf ihr Aussehen im familiären Kontext als beim Feiern mit Freunden und am Arbeitsplatz“ vorübergehend bewährt, denn insbesondere am Arbeitsplatz und in Feiersituationen spielt das Aussehen eine wichtige Rolle für die Teilnehmenden.“

© Omran Mohseni, Migle Speckauskaite, Parastu Tehranipour & Martina Töpfer I Coaching Düsseldorf